Gut ausgeruht geht es auf zur nächsten Etappe. Das Wetter ist gut, etwas frisch aber fast blauer Himmel. Nach ein paar Kilometern kommt auch schon der erste Tunnel, 4 km lang, kalt. Die richtige Einstimmung auf den nächsten Tunnel, wahrscheinlich DER Tunnel der ganzen Reise. Keine 20 Minuten später stehe ich auch schon davor, der Nordkaptunnel. Ich ziehe mich warm an, erwarte das es noch kälter wird als im letzten Tunnel und vor allem wird es länger dauern. Jetzt geht es erstmal für gute 3 km mit 10% Gefälle hinunter in das “Höllenloch”. Dunkel ist es, kalt und wahnsinnig laut (von den Lüftungsturbinen). Hinzu kommt der starke (sagen wir für Norwegen starke) Verkehr. Wohnmobile, Busse, LKW’s rauschen nur so an Dir vorbei. Wer hier klaustrophobische Neigungen hat macht besser die Augen zu. Nach etwa 3200 m bin ich am tiefsten Punkt angekommen, stehe jetzt 212 Meter unter dem Meer, ein krasses Gefühl. Es ist immer noch höllisch laut, die Turbinen sind direkt über mir. Aber es ist nicht so kalt wie erwartet, wahrscheinlich kommt das durch die warme Aussenluft (heute sind es etwa 18 Grad) die durch die Turbinen durch den Tunnel gepumpt wird.
Derek aus Canada, den ich vor dem Tunnel getroffen habe ist schon unten. Wir fotografieren uns gegenseitig (vergessen aber ein Bild von uns zusammen zu machen) wie wir am tiefsten Punkt vor der Notrufsäule stehen, wohl wissend das jetzt der anstrengende Teil kommt, 3200 Meter bergauf. Irgendwann verfällt man in so eine Art Delirium und hofft das es irgendwann vorbei ist oder fängt an Elch-Grunzen zu imitieren oder… Was aber total krass ist, zumindest war das bei mir so, ist das man das Gefühl für die Steigung verliert, da man an den grauen Tunnelwänden keinen Anhaltspunkt hat (so hab ich mir das erklärt) meint man das es immer flacher wird, obwohl sich nichts an der Steigung ändert. Dann ist es auch geschafft und wenig später kommt auch Derek aus dem Tunnel.
Der Rest des Tages wurde hauptsächlich durch schöne Küstenlandschaften und Gesteinsformationen in allen Variationen (Steinschichten in dick, dünn, rund, eckig, dunkel, hell, mit Löcher und ohne,…) gestaltet.
Am nächsten Tag geht es immer der Küste entlang, Holzgestelle lassen erahnen wie hoch hier der Schnee im Winter liegen muss. Am Ufer sehe ich einen Angler wie er Fische filetiert. Ich gehe hinunter um zu fragen ob ich ein paar Fotos machen darf. Es stellt sich heraus das dies das Highlight des Tages wird. Ich habe erklärt das ich zwar eine Angel dabei habe (Danke an meinen Nachbarn Claus) aber eine absolute Jungfrau bin was das Angeln angeht.
“Angeln das ist der Sport (haha) wo Du im Liegestuhl sitzt, in der einen Hand ein Buch in der anderen eine Dose Bier, alle paar Stunden zuppelt mal was an der Schnur, da musst Du aus dem Liegestuhl raus und nachschauen, toootlangweilig.”
Ha, da hatte ich mich aber wohl geirrt. Als ich Walter und Anneliese meine Vorstellung vom Angeln mitgeteilt hatte haben die beiden mir erstmal einen Crashkurs im Angeln verpasst. Was soll ich sagen, vorne an die Schnur kommt das “Blinky” Ding dran (Walter hat gesagt wie es heisst, ich hab es vergessen) und dann zup die Schnur ins Wasser und kurbeln bis der Blinky wieder bei dir ist. Beim 2. Mal war auch gleich ein Seelachs dran, hat keine Minute gedauert, mich hat es von den Socken gehauen. Im stillen denke ich “Angeln kann doch sportlich sein”. An dieser Stelle sei angemerkt das auch Walter zugegeben hat das das Angeln in Norwegen schon etwas flotter voran geht als daheim am Weiher.
Auf jeden Fall war das eine ganz neue Erfahrung und ich bedanke mich bei Walter und Anneliese für alle Ihre Erklärungen und der Offenheit und Freundlichkeit mit der sie mich empfangen haben und für den frischen Seelachs den Sie mir mitgegeben haben und der Abends in der Pfanne gelandet ist. So frisch und zart habe ich selten Fisch gegessen. Danke für das tolle Erlebnis.
Der nächste Tag hielt sich dann eher bedeckt. Viele graue Wolken am Himmel aber zum Glück kein Regen. Es ging stetig bergauf, die hügeligen Straßen schienen ins Endlose zu gehen, es wurde immer kälter und Nebel zog auf. Eine ganz besondere Stimmung hier oben und wenn die Autos nicht an einem vorbeirauschen würden könnte man meinen man steht im Basislager für eine K2 Besteigung.
An einem der unzähligen Hügel begegnete ich Daniel der mit seinem Rad Richtung Nordkap unterwegs war und schon ganz gespannt war wie denn die Fahrt durch den Tunnel werden würde. Ähnlich wie ich dokumentiert Daniel seine Reise auf seinem Blog. Wir sprachen über eBikes, biken im Tunnel, mobile Apps und andere nette Kleinigkeiten.
Mittlerweile war es 6 Grad und der Akku am eBike hatte auch keine Lust mehr, jedenfalls ging die Leistung wesentlich schneller herunter als geplant. Mit gerade noch 2 km Reserve erreichte ich dann unseren Wohnwagen wo ich den Akku zumindest zum Teil wieder aufladen konnte. Nach einer kleinen Pause ging es dann weiter, noch 35 km bis Alta meinem heutigen Ziel. Da ich den ganzen Morgen bergauf geackert war ging es jetzt hauptsächlich bergab und ich stand etwa 1 Stunde später auf einem Aussichtspunkt mit Blick auf die Stadt Alta. Jetzt nur noch 10 km und ich bin da dachte ich und schwingte mich wieder aufs Rad. Es fing an zu Regnen …